EU und Freistaat fördern Aufbau des Netzwerks SAXFUSION mit 2,4 Millionen Euro
Sachsen bündelt Kompetenzen rund um die Kernfusion
Sachsen etabliert mit SAXFUSION erstmals ein landesweites Kompetenznetzwerk zu Zukunftstechnologien für die Kernfusion. Ziel ist es, diese als saubere, sichere und grundlastfähige Energiequelle technologisch voranzubringen, strategisch Kompetenzen aufzubauen und die Ergebnisse für Industrie und Gesellschaft nutzbar zu machen. Koordiniert wird das Vorhaben durch das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Die Co-Projektleitung übernimmt das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS. Weitere namhafte sächsische Forschungsinstitutionen beteiligen sich. Zudem bindet SAXFUSION über Kooperationen internationale Großprojekte und Industriepartner ein. Die Europäische Union und der Freistaat Sachsen fördern das Vorhaben mit rund 2,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Die kontrollierte Fusion von Atomkernen bietet langfristig die Möglichkeit, eine nachhaltige, emissionsfreie Energieversorgung zu gewährleisten. Hierfür gibt es verschiedene Ansätze, die meist die Erzeugung und Kontrolle eines sogenannten Plasmas zum Ziel haben, bei dem Elektronen und Atomkerne unabhängig voneinander frei beweglich sind – so wie im Inneren unserer Sonne. Führende internationale Einrichtungen wie ITER in Südfrankreich, Lawrence Livermore National Laboratory in den USA oder Wendelstein-7X in Greifswald haben bereits wesentliche technologische Fortschritte erzielt. Dennoch sind zahlreiche Fragen offen, beispielsweise hinsichtlich der Langzeitbeständigkeit von Werkstoffen, die dem Plasma ausgesetzt sind, oder zur effizienten Kontrolle des Fusionsprozesses. Genau hier setzt SAXFUSION an.
Das Netzwerk soll sich zu einer zentralen Anlaufstelle für Partner aus Forschung, Industrie und Gesellschaft entwickeln, die sich für Fusion als potenzielles Forschungs- und Geschäftsfeld interessieren und fundierte Informationen zum Thema benötigen. Es zahlt mit den Kompetenzen der Partner aus Spitzenforschung, Industrie und Hochschulen in Mitteldeutschland direkt auf die Hightech-Agenda Deutschlands ein. In einer dreijährigen Aufbauphase identifiziert und vernetzt das SAXFUSION-Team die vorhandene Expertise in Sachsen. Es wird zudem Kompetenzen gezielt ergänzen, zum Beispiel durch den Aufbau neuer Kooperationen und langfristiger Forschungs- und Entwicklungsstrategien. SAXFUSION startet mit vier zentralen Kompetenzfeldern: Laser- und Optiktechnologien, Entwicklung von Brennstoffkapseln inklusive der Diagnostik der Fusionsreaktion, Erforschung von Reaktormaterialien und -werkstoffen sowie Simulationen und Datenanalysen.
SAXFUSION unterstützt die Ziele des kürzlich vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt vorgestellten Aktionsplans Fusion: vom Bau von Großinfrastrukturen, über den Aufbau einer vollständigen Wertschöpfungskette samt Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bis hin zur Qualifizierung von Nachwuchskräften. Exzellente Grundlagenforschung ist die unverzichtbare Basis, um die Technologien und Verfahren zu entwickeln, die für den späteren Bau sowie den sicheren Betrieb für Fusionskraftwerken benötigt werden.
HZDR übernimmt strategische Leitung und Vernetzung
Die Koordination des neuen Netzwerks übernimmt die Abteilung »Computergestützte Strahlenphysik« von Dr. Michael Bussmann. Am HZDR sind damit die Institute Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) in Görlitz und Institut für Strahlenphysik in Dresden eingebunden. »Mit SAXFUSION bringen wir erstmals gezielt die vielfältigen Kompetenzen Sachsens zur Fusionstechnologie zusammen«, erläutert Bussmann. »Unser Ziel ist es, Sachsens Kompetenzen in dieser Zukunftsbranche sichtbar zu machen und an internationalen Entwicklungsprojekten mitzuwirken.« Das HZDR hat sich weltweit bei Plasma-Experimenten und Materialtests, in der Forschung mit Hochleistungslasern sowie bei der Entwicklung von Computersimulationen und Künstlicher Intelligenz für die Plasmaforschung etabliert.
Über das Helmholtz-Zentrum ist das SAXFUSION-Netzwerk darüber hinaus mit europäischen Großforschungsinfrastrukturen, wie dem European XFEL oder der Extreme Light Infrastructure, sowie internationalen Fusionsforschungszentren, wie ITER und Wendelstein-7X, vernetzt. Der Wissenschaftliche Direktor des HZDR, Prof. Sebastian M. Schmidt, unterstreicht: »SAXFUSION passt hervorragend zu unserer Mission, den sächsischen Wirtschaftsstandort durch die Verbindung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung zu stärken. Innovationen entstehen durch Interaktion verschiedener Akteure in Netzwerken. Und mit dem Aufbau des neuen Netzwerks SAXFUSION wird es uns gelingen, weltweit relevante Innovationen in Sachsen zu entwickeln. Davon bin ich überzeugt.«
Fraunhofer IWS stellt Technologietransfer in den Fokus
Als Co-Projektleitung ist das Fraunhofer IWS für den Transfer in die industrielle Praxis zuständig. Das Institut bietet einzigartige Fertigungstechnik, Prozess- und Materialkompetenz sowie Zugang zu Industrienetzwerken. Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe, profitieren direkt von diesem Transferpotenzial. »Die Entwicklung der Fusionsenergie ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit«, betont Prof. Christoph Leyens, Institutsleiter des Fraunhofer IWS. »Wir werden gemeinsam Technologien entwickeln, die neue Märkte erschließen und Sachsens Industrieunternehmen international wettbewerbsfähig machen.«
SAXFUSION bindet neben den beiden Koordinatoren CASUS und Fraunhofer IWS weitere exzellente Forschungspartner aus Sachsen ein (siehe Infobox). Außerdem haben Industriepartner und Start-ups wie Amplitude (Frankreich), Marvel Fusion (München) und Focused Energy (Darmstadt) bereits zugesagt, die Arbeit des Netzwerks aktiv zu unterstützen. Darüber hinaus bestehen enge Verbindungen zu nationalen Initiativen des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), zu europäischen Forschungsprogrammen (EURATOM) und zur internationalen Fusionsforschung (EuroHPC Center of Excellence Plasma-PEPSC).
SAXFUSION wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes finanziert. Der EFRE trägt zum wirtschaftlichen, sozialen und gemeinschaftlichen Zusammenhalt bei, indem er hilft, regionale Unterschiede innerhalb der EU auszugleichen. Sachsen erhält dafür aus dem EFRE rund 1,95 Mrd. Euro für den Förderzeitraum 2021 bis 2027.
Infobox Übersicht der Projektpartner
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Über das Center for Advanced Systems Understanding
Das CASUS wurde 2019 in Görlitz gegründet und betreibt digitale interdisziplinäre Systemforschung in unterschiedlichen Bereichen wie Erdsystemforschung, Systembiologie und Materialforschung. Innovative Forschungsmethoden aus Mathematik, theoretischer Systemforschung, Simulation, Daten- und Computerwissenschaft werden mit dem Ziel eingesetzt, komplexe Systeme von bisher nie dagewesener Realitätstreue abzubilden und so zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen beizutragen. Gründungspartner sind das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig (UFZ), das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG), die Technische Universität Dresden (TUD) und die Universität Wroclaw (UWr). Das Zentrum wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) gefördert und wird als ein Institut des HZDR geführt.
Über das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS
Werkstoff und Laser mit System: Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS entwickelt komplexe Systemlösungen in der Laser- und Werkstofftechnik. Wir verstehen uns als Ideentreiber, die Lösungen mit Laseranwendungen, funktionalisierten Oberflächen sowie Werkstoff- und Prozessinnovationen entwickeln – von einfach integrierbaren Individuallösungen über kosteneffiziente Mittelstandslösungen bis hin zu industrietauglichen Komplettlösungen. Die Forschungsschwerpunkte liegen in den Branchen Luft- und Raumfahrt, Energie- und Umwelttechnik, Automobilindustrie, Medizintechnik, Maschinen- und Werkzeugbau, Elektrotechnik und Mikroelektronik sowie Photonik und Optik. In den fünf Zukunfts- und Innovationsfeldern Batterietechnik, Wasserstofftechnologie, Oberflächenfunktionalisierung, Photonische Produktionssysteme und Additive Fertigung schaffen wir bereits heute die Basis für die technologischen Antworten von morgen.
Anmerkung (7. Oktober 2025): Diese Pressemitteilung wurde nachträglich angepasst. Der EU-Fonds, aus dem die Zuwendung stammt, wurde korrigiert.