Detektivarbeit mit Terahertzstrahlung

Presseinformation (Nr. XXII) /

Sie können schädliche Biozide an alten Holzskulpturen erkennen, verborgene Wandmalereien wieder sichtbar machen und geschichtete Strukturen von Kunstwerken analysieren. Mit Terahertzscannern sollen Restauratoren bald schnell und völlig zerstörungsfrei Aufschluss erhalten, wie es um ein Kunstobjekt bestellt ist. Eine neue Generation solcher Scanner stellen Fraunhofer-Forscher vom 22. bis 24. November auf der denkmal in Leipzig vor (Halle 2, H30).

Der Terahertzscanner spürt verborgende Wandmalereien auf, kann aber auch Biozide an Kunstwerken nachweisen.
© HfbK, Andrea Schmid
Der Terahertzscanner spürt verborgende Wandmalereien auf, kann aber auch Biozide an Kunstwerken nachweisen.

Es war ein besonderer Moment für Michael Panzner vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden und seine Partner: Im Dresdner Hygienemuseum untersuchten die Forscher ein längst verloren geglaubtes Wandbild von Gerhard Richter. Das hatte der Künstler als Gesellenstück hinterlassen kurz bevor er die DDR verließ. Daraufhin wurde es in den 60er Jahren kurzerhand übermalt. Doch statt des Bildes interessierte Panzner vielmehr der neue Detektor, der hier erstmals zum Einsatz kam. Durch ihn gewannen die Wissenschaftler wesentliche Informationen über den Schichtaufbau der Wand sowie über die Strukturen des untersuchten Bildbereiches. Gefördert wurde das gemeinsame Vorhaben vom IWS, der Hochschule für bildende Künste Dresden (HFBK), dem Forschungsinstitut für Denkmalpflege und Archäometrie (FIDA) und der TU Dresden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF.

Das Besondere an dem Terahertzscanner (THz) ist laut Panzner: »Er arbeitet im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren wie Röntgenscannern absolut schädigungsfrei. Zudem bedarf er keiner Sondergenehmigung wie die bedenklichen Röntgenstrahlen. Denn der Scanner erzeugt gerade mal eine Strahlungsleistung von weniger als einem 1 µW. Zum Vergleich: Handys strahlen unter ungünstigen Bedingungen bis zu 2 Watt ab. Darüber hinaus erlaubt das Verfahren konkrete Aussagen zum Aufbau der einzelnen Schichten oder eventuellen Hohlräumen. So zeigte das Gerät auch im Hygienemuseum an, dass der Wandputz in einem Bereich offensichtlich ausgebessert worden war – ein wertvoller Hinweis für den Restaurator.

Die Forscher nutzen kurze elektromagnetische Pulse, die verschiedenen Materialien nahezu dämpfungsfrei durchdringen. Einige Materialien zeigen dabei charakteristische Absorptionslinien, anhand derer sie eindeutig identifiziert werden können. In vorherigen Tests war das System jedoch an seine Grenzen gestoßen, zum Beispiel bei Hinterwandmalereien auf unebenen, stark strukturierten Wänden. Deshalb haben die Forscher am IWS den Detektorkopf durch Modifizierung der THz-Optik gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM weiterentwickelt. Ausgeweitet wurde auch das Anwendungsspektrum des Scanners.

Achtung, kontaminierte Kunst

Viele Museen können heute wertvolle Ausstellungsstücke nicht der Öffentlichkeit präsentieren, weil sie mit Bioziden kontaminiert sind. Denn in guter Absicht wurden in den 70er Jahren antike Textilien oder Holzskulpturen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln besprüht, um sie vor der Zerstörung zu bewahren. Heute ist bekannt, dass diese Stoffe stark gesundheitsgefährdend sind und es werden verschiedene Verfahren zur Messung und Dekontamination getestet. Gemeinsam mit weiteren Partnern will das IWS nun ein Projekt ins Leben rufen mit dem Ziel, die Möglichkeiten und Grenzen der THz-Technologie für organische Biozide zu untersuchen. »Im Gegensatz zur bisherigen Röntgenfloureszenzanalyse, die elementselektiv arbeitet, erkennen THz-Scanner Substanzen auf Basis der Bindungsstruktur der Moleküle. Dadurch dürften sich insbesondere die organischen Biozide unterscheiden lassen«, erklärt Michael Panzner.

Bisher sind solche aufwändigen Untersuchungen häufig nur in gut ausgestatteten Labors möglich. Künftig sollen die Tests auch mit einem mobilen THz-Scanner vor Ort machbar sein. Bis zu kleinen, portablen Geräten, die für solche Zwecke nutzbar sind, ist jedoch noch etwas Forschungsarbeit nötig. Um das THz-Meßsystem weiterhin technologisch zu verbessern, bedarf es vor allem einer engen Kommunikation und Kooperation mit Restauratoren und Denkmalschützern. Einen regen Austausch erhoffen sich Panzner und sein Team auch auf der Europäischen Messe für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung denkmal in Leipzig, wo sie die neue THz-Scannergeneration vom 22. bis 24. November in Halle 2, Stand H30 ausstellen.